Mediationszentrum Karlsruhe
Tipps geschäftlich

Tipps für Ihre Gesprächsführung bei streitigen Auseinandersetzungen im Geschäftsleben

Streit ist geprägt durch tiefes Misstrauen. Die Ursachen dafür sind immer negative Erfahrungen mit der anderen Partei. Es ist meist müßig, nach dem wahren Auslöser zu forschen. Entscheidend für eine positive Lösung eines Streits ist ohnehin nicht eine (von wem auch immer festgestellte) "objektive Wahrheit" von der Vergangenheit, sondern allein die subjektive Sicht jeder Partei in der Gegenwart. Die meisten Menschen, die in einen Streit verwickelt sind, halten ihr Tun, ihre Einstellung, ja sich selbst für fair und gerecht. Nur die allerwenigsten denken in einem Streit von sich selbst, dass sie Halunken oder dergleichen sind. Das gilt auf kuriose Weise für die eine wie für die andere Streitpartei. In diesem Umstand liegt letztlich das Geheimnis, dass die allermeisten Streitfälle für alle Seiten positiv von den Parteien selbst gelöst werden können, ohne dass ein Dritter (etwa ein Richter) ein Urteil über die Köpfe der Streitenden hinweg fällen muss. Voraussetzung ist allerdings eine bestimmte Art der Gesprächsführung, die in unserer Kultur leider nicht selbstverständlich ist.

Im Folgenden erhalten Sie ein paar Tipps, wie Sie künftig Streitfälle durch eine bestimmte Verhandlungsführung zu einem positiven Ergebnis bringen können.

  1. Machen Sie sich klar, dass eine freiwillige Vereinbarung über Ihren Streit (etwa ein Vertrag oder auch ein schlichtes Vertragen) nur unter zwei Voraussetzungen möglich ist:
    • Die objektiven Bedingungen der Vereinbarung, d. h. die Leistung und Gegenleistung, müssen für beide Parteien (aus deren subjektiver Sicht!) stimmen.
    • Jede Partei muss genügend Vertrauen in die andere Partei beziehungsweise in die Vereinbarung haben (besser: wieder bekommen), um der Lösung wirklich zuzustimmen.
  2. In den allermeisten Streitgesprächen beschäftigten die Beteiligten sich ausschließlich mit dem ersten Punkt. Sie verwenden nicht einen einzigen Gedanken daran, wie sie das gestörte oder zerstörte Vertrauen ineinander verbessern könnten. Es fehlt die Erfahrung, dass wirkliches Vertragen möglich ist. Die logische Folge ist, dass es keine freiwillige Vereinbarung gibt. Kommt es dennoch zu einer Vereinbarung, so nur deshalb, weil eine Seite eingeschüchtert wurde. Sie würden auch keine Brötchen bei einem Bäcker kaufen, zu dem sie kein Vertrauen haben, selbst wenn Ware und Preis stimmten, oder?
  3. Wenn Sie sich mit der anderen Seite zu einer Verhandlung getroffen und Sie diese (am besten: höflich) begrüßt haben, stürzen Sie sich nicht gleich auf die inhaltliche Lösung des Streits, die Ihnen sicher schon vorschwebt und die Sie gerne erreichen möchten. Versuchen Sie vielmehr erst mit der Gegenseite eine Einigung darüber zu erzielen, welchen Weg die Verhandlung nehmen soll. Das schafft Klarheit. Und Klarheit schafft Vertrauen.
  4. Die meisten Verhandlungen über ein Streit beginnen mit irgendeinem Gesichtspunkt, den eine Seite als erstes aufgreift. Und die andere Seite wird sich darauf gar nicht weiter einlassen, sondern mit einem Gesichtspunkt antworten, die ihr genehm ist. So geht das dann hin und her, und bei jeder Seite wächst das Gefühl, dass man hier nicht zu einer Lösung finden wird, weil die andere Seite gar nicht darauf eingeht, was man gerade vorgebracht hat. Antworten wie, "das ist doch völlig unerheblich" oder "das interessiert mich überhaupt nicht", sind dabei typisch.

Ein möglicher Weg für eine positive Verhandlung, auf die Sie sich einigen können, ist folgender:

  1. Jede Seite erklärt kurz in wenigen Sätzen, welche Lösung des Streits ihr vorschwebt. Aber es sollen noch keine Begründungen oder Argumente gegeben oder gar diskutiert werden. Diese Station dient allein der gegenseitigen Information und damit der Klarheit. Sie stellen gemeinsam fest (was Sie besprechen!), worin Sie bei ihren Lösungen übereinstimmen und wo Sie differieren.
  2. Als nächstes soll jede Seite sich darüber erklären, was ihr in Bezug auf den Streit und die von ihr vorgeschlagene Lösung wichtig ist und worauf es ihr ankommt.
  3. Bereden Sie in einer Art Brainstorming gemeinsam, welche Lösungen theoretisch möglich wären, um dem gerecht zu werden, was jeder Partei wichtig ist.
  4. Nachdem keiner Seite mehr Lösungsmöglichkeiten einfallen, beginnen Sie gemeinsam die Lösungsvorschläge daraufhin zu prüfen, wie gut sie den beiderseitigen Belangen gerecht werden.
  5. Wenn Ihnen alles gut gelingt, werden Sie gemeinsam zu einer Lösung finden und werden Sie diese, wenn gewünscht, schriftlich fixieren.

Der Versuch, die Besprechung gemeinsam zu planen, wird häufig von der Gegenseite abgelehnt, oft mit dem Argument, nicht so viel Zeit zu haben. Sie haben dann zwei Möglichkeiten. Sie können die Besprechung "klassisch", d. h. planlos, weiterlaufen lassen, um dann später mit dem Argument, dass die Diskussion nicht fruchtbar ist, auf eine Planung zurückkommen. Wenn auch dies scheitert, können Sie zumindest mit Ihren eigenen Beiträgen nach diesem Muster verfahren.

Häufig ergeben sich in der Station 1 mehrere Themen, die so umfangreich und/oder komplex sind, dass sie sich nur schwer zusammen behandeln lassen. Dann können Sie sich auf eine Aufteilung der Themen verabreden und folgendermaßen gliedern:



    1.
    Thema 1:
    2.
    3.
    4.

    Thema 2:
    2.
    3.
    4.

    ...

    Thema n:
    2.
    3.
    4.

    5. (über alle Themen)

     

Wichtig ist hierbei, dass eine Einigung (5) erst am Ende aller Themen geschieht. Es dürfen keine Teil- oder Zwischenvereinbarungen verlangt werden, weil sich für jede Seite erst aus der Gesamtschau ergeben kann, ob die Teillösungen wirklich fair und gewollt sind. Jeder Zwang vorab oder zwischendurch verhindert eine Lösung zum Schluss.

Bei allem, was Sie über den Gang der Verhandlung verabreden: Vergewissern Sie sich, dass die Gegenseite auch wirklich einverstanden ist. Nur dann werden Sie am selben Strang ziehen, "um die Kuh wieder vom Eis zu kriegen". Dann können Sie die andere Seite bei Ausschweifungen auch getrost an Ihre Verabredung erinnern. Freilich darf es auch Planänderungen geben - einverständlich!

Die Station 2 ist sehr wichtig für die Vertrauensbildung. Wenn Sie sich einmal überlegen, welche Menschen Ihnen sympathisch und welche unsympathisch sind, werden Sie mir sicher beipflichten: sympathisch sind Ihnen diejenigen, bei denen Sie das Gefühl haben, verstanden zu werden. Unsympathisch sind Ihnen diejenigen, bei denen Sie das Gefühl haben, unverstanden zu sein. Ganz ähnlich ist es in Bezug auf die Frage, wem Sie vertrauen und wem nicht. Deshalb sollten Sie in der Station b sehr genau hinhören, wenn Ihr Gegenüber erklärt, was für ihn im Hinblick auf Ihren Streit und dessen Lösung wichtig ist. Je mehr Zeit Sie darauf verwenden, desto größer ist die Chance, dass Sie sich wieder vertragen. Ein sehr nützliches Mittel, diesen Effekt noch zu verstärken, ist, dem Gegenüber mit Gesten, knappen Worten oder einem kurzen Satz zwischendurch zu erkennen zu geben, dass bzw. was sie von ihm verstanden haben: "Wenn ich Sie recht verstanden habe, meinen Sie, dass... ". Wichtig ist, dass Sie genau verstehen, was die andere Seite meint.

Mit verstehen ist nicht akzeptieren zu verwechseln. Sie sollen nicht, wenn sie nicht wollen, den Standpunkt Ihres Gegenüber akzeptieren. Sie sollen ihn aber richtig verstehen. Sie sollen also Ihrem Gegenüber mit Ihren Worten wiedergeben, was Sie verstanden haben, und die Gegenseite fragen, ob dies so richtig ist. Sie sollen sich so lange korrigieren lassen, bis es richtig ist.

Wenn die eine Seite erklärt hat, was ihr in Bezug auf den Streit wichtig ist, muss auch die andere Seite die Gelegenheit bekommen, ihre Belange und Interessen zu erklären.

Da wahrscheinlich nur Sie, nicht aber die Gegenseite diese Tipps hier gelesen hat, wird es an dieser Stelle wahrscheinlich etwas einseitig. Wenn die andere Seite Ihnen erklärt, ihr sei es egal, was Ihr Standpunkt und was Ihre zu Grunde liegenden Interessen sind, dann erklären Sie ihr, dass Sie nur dann zu einer gemeinsamen Vereinbarung kommen können, wenn jede Seite die Lösung für fair und gerecht hält, dass Sie das aber nur herausfinden können, wenn beide Seiten möglichst viel von den beiderseitigen Interessen wissen. Fragen sie Ihre Gegenseite, ob sie an einer fairen Lösung wirklich interessiert ist. Wenn Ihr Gegenüber zu jenen Menschen gehört, die ihr eigenes Tun und Handeln für fair und gerecht halten, dann wird sie diese Frage nicht verneinen und sich doch nun auch für Ihre Sicht der Dinge interessieren. Wenn nicht, sollten Sie diesen Verdacht äußern und ankündigen, dass Sie sich nicht "über den Tisch ziehen lassen" oder gleich die Verhandlung beenden werden (das dürfen Sie dann auch tun).

In der Station 3 sollen Vorschläge geäußert werden, ohne dass sie von der einen oder anderen Seite kommentiert, bewertet oder mit Argumenten versehen werden. Brainstorming ist am ergiebigsten und am fruchtbarsten, wenn diese Bewertung erst stattfindet, wenn keine Vorschläge mehr auftauchen.

Wenn Sie in dieser Station nicht richtig voran kommen, ist das ein Zeichen dafür, dass Sie beide in der vorangegangenen Station zu oberflächlich waren. Sie sollten dann versuchen, noch einmal in die Station 2 einzutauchen.

In der Station 4 werden Sie tatsächlich gemeinsam die beste Lösung herausfiltern, wenn Sie in der Station 2 hart genug gearbeitet haben.

Die letzte Station ist dann nur noch eine Formalität.

Bei alledem gibt es auch professionelle Hilfe: den Mediator!

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